OLWEUS-PROGRAMM GEGEN MOBBING UND ANTISOZIALES VERHALTEN

Was ist Mobbing?

Nach Olweus (1994) gibt es drei Schlüsselkriterien für Mobbing. Dass ...

... jemand von einer oder mehreren Personen feindselig und aggressiv behandelt wird,

... dieses Verhalten wiederholt und über einen längeren Zeitraum geschieht,

... ein Ungleichgewicht der Kräfte vorliegt, wodurch Betroffene sich nicht bzw. nicht erfolgreich wehren können (z. B. weil die Täter in der Überzahl oder viel älter und beliebter sind).

Man unterscheidet dabei verschiedene Arten von Mobbing:

  • Offenes, direktes Mobbing (körperlich, verbal oder Sachbeschädigung)
  • Verstecktes, indirektes Mobbing (sozial)
  • Cybermobbing, d. h. Mobbing das online stattfindet

Wie häufig ist Mobbing?

Mobbing ist ein weit verbreitetes Phänomen, das international in allen sozialen Schichten und allen Schulformen und -größen auftritt.

In einer großen repräsentativen Studie der WHO (Health Behavior of School Aged Children, HBSC) wurden 2017/2018 an deutschen Schulen mehr als 4.000 11-15-Jährige dazu befragt, wie oft sie in den letzten zwei bis drei Monaten gemobbt wurden bzw. selbst Andere gemobbt haben:

  • Ca. 10% waren in der Schule von Mobbing betroffen
  • Ca. 5% haben in der Schule Andere gemobbt
  • Ca. 3% waren online von Mobbing betroffen
  • Ca. 2% haben online Andere gemobbt

Was sind die Folgen von Mobbing?

Studien zeigen, dass die Folgen für Betroffene vielfältig und sehr gravierend sein können. Ihr teilweise ohnehin schon geringer Selbstwert nimmt oft noch weiter ab, die selbstberichtete Lebensqualität ist stark eingeschränkt. Viele Betroffene fühlen sich einsam und ziehen sich zurück.

 

Ungefähr ein Drittel entwickelt psychische Folgestörungen, u. a. Depressionen, Angststörungen, Psychosomatische Probleme (wie Schlafstörungen, Kopf- oder Bauchschmerzen), Selbstverletzung und Suizidalität.

 

Oftmals kommen schulvermeidendes Verhalten und schulische Leistungsprobleme hinzu. Die PISA-Studie (2015) hat gezeigt, dass an Schulen mit hohen Mobbingraten das Lernklima für alle negativ beeinträchtigt ist und insgesamt schlechtere akademische Leistungen erzielt werden.

 

Auch Lehrkräfte fühlen sich durch das Thema oftmals überlastet, da ihnen Strategien im Umgang mit der Problematik fehlen. Akute Mobbingfälle stellen eine hohe zeitliche Belastung dar, der oftmals ineffektive Umgang mit der Thematik führt zu Frustration und Belastung der Lehrergesundheit.

 

Was kann eine Schule gegen Mobbing tun?

Es empfiehlt sich nicht, bei der Bekämpfung von schulischem Mobbing nach dem „Feuerwehr-Prinzip“ vorzugehen: Statt viele einzelne „Brandherde“ in zeitaufwändigen Kriseninterventionen zu löschen, sollten „Feuer“ verhindert werden, bevor sie entstehen. Hierzu ist ein systematischer Mehrebenen-Ansatz erforderlich, der alle Lehrkräfte und Schüler*innen verschiedener Klassenstufen einbezieht. Dieser Gedanke liegt dem „Olweus-Programm gegen Mobbing und antisoziales Verhalten“ zugrunde.

 

Mobbing ist ein systemisches soziales Problem, der Umgang damit die kollektive Verantwortung aller an der Schule. Die Handlungsverantwortung, gegen schulisches Mobbing vorzugehen bzw. dieses zu verhindern, liegt bei den Erwachsenen. Im Kontext Schule können zentrale Ursachen und Aufrechterhaltungs-Mechanismen von Mobbing positiv beeinflusst werden. Insbesondere primär-präventive Programme für die gesamte Schule, wie das Olweus-Programm, sind vielversprechend.

 

Was ist das Olweus-Programm?

Das Olweus-Programm gegen Mobbing und antisoziales Verhalten ist ein evidenzbasiertes Programm, das mehr als 35 Jahre Forschung beinhaltet, international positiv evaluiert wurde und auch von unabhängigen Experten empfohlen wird (Blueprints for Healthy Youth Development University of Colorado, 2016; EU-Kommission Brüssel, 2008; Gaffney et al., 2019; Landtag Baden-Württemberg, 2010). Auch eine Evaluation des Programms an 23 Schulen in Baden-Württemberg, die von der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg im Auftrag der Baden-Württemberg Stiftung in den Jahren 2015 bis 2018 durchgeführt wurde, ergab eine Reduktion sowohl der Täter- als auch der Betroffenenrate um 25% (Ossa et al., 2020). Dies ist ein beachtlicher Erfolg, der deutlich über dem Effekt anderer Programme aus vergleichenden Studien liegt. Das Olweus-Programm ist zudem in der Grünen Liste Prävention enthalten, einer Datenbank empfohlener Präventionsprogramme.

 

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass nicht nur das eng umschriebene Thema Mobbing bearbeitet wird, sondern das Thema Sozialverhalten als Ganzes. So wird durch eine konsequente Arbeit nach Olweus nicht nur Mobbing zwischen Schülern reduziert, sondern auch das Schul- und Lernklima verbessert sowie andere Formen der Gewalt und Verhaltensprobleme im Allgemeinen reduziert (wie z.B. Unterrichtsstörungen, Vandalismus, Prügeleien, Diebstähle und Schulschwänzen). Ein konsequenter und kompetenter Umgang mit sozialen Problemen durch alle Lehrkräfte wird erzielt.

 

Das Olweus-Programm ist ein Programm für die ganze Schule, d.h. das gesamte Schulpersonal und alle Schüler werden einbezogen. Der Fokus des Programms liegt jedoch auf der Arbeit mit den Erwachsenen. Eine hohe Nachhaltigkeit ist gegeben, da die Schule das Programm nach der ca. 18-monatigen Implementierungsphase selbstständig weiterführt und dieses so ein Teil der Schulkultur wird. Das Programm arbeitet auf drei Ebenen: Schule, Klasse und einzelner Schüler und hat folgende vier zentrale Bausteine:

  1. Olweus-Gruppen für alle Lehrkräfte (Studien- und Supervisionsgruppen)
  2. Gute Klassenleitung („Class Room Management“)
  3. Olweus-Klassengespräche für alle Schüler*innen
  4. Olweus-Pausenaufsicht

Ergänzend finden wenn nötig Interventionen bei Mobbing-Fällen bzw. Verdachtsfällen statt. Eine jährliche Schülerbefragung sowie Elterninformation durch Broschüren und Elternabende runden das Programm ab.

 

Jede Schule wird von einem sogenannten Olweus-Coach begleitet. Dieser erhält eine fünftägige Ausbildung zum Programm und unterstützt die Schulen in dessen Aufbau. Der Olweus-Coach kann eine erfahrene Lehrkraft, ein*e Schulsozialarbeiter*in etc. der eigenen Schule sein, oder aber eine geeignete pädagogische/ präventive Fachkraft von außen.

 

Mobbing ist eine Form der Misshandlung unter Gleichaltrigen und verdient ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Aktivität, um dieser zu begegnen bzw. sie zu verhindern. Natürlich bringt die Einführung eines umfangreichen präventiven Programms zunächst einen organisatorischen und zeitlichen Aufwand mit sich. Dieser wird aber durch eine langfristige Zeitersparnis, bedingt durch den Rückgang an Unterrichtsstörungen und der Anzahl bzw. Schwere von Mobbingfällen sowie die effizientere Handhabe der Fälle, mehr als wettgemacht. Die Arbeit an der Thematik wird gerecht im Kollegium verteilt, alle profitieren vom angenehmeren Schulklima und dem erhöhten Kompetenzerleben.

 

Stimmen beteiligter Schulen:

 

„Es hat sich ganz viel zum Guten gewendet. Das Projekt hat den Zusammenhalt gestärkt. Wir vermitteln den Schülern: ,Du hilfst uns, ein gutes Klima zu schaffen.' Das kommt bei ihnen an.“

 

„Der Aufwand lohnt sich. Es kommen mehr Schüler wegen Mobbings zu mir – und sie kommen früher. Ob Kinder oder Lehrer, alle sind achtsamer.“

 

„Wir schauen genauer hin und sind handlungssicherer. Auch die Lernatmosphäre – und damit der Lernerfolg – hat sich deutlich verbessert. Und dass die Schüler Verantwortung füreinander übernehmen, ist ebenfalls ein wichtiger Effekt“.

 

„Die Schüler fangen langsam an, mit Lehrern über Dinge zu reden, die sie vorher nicht angesprochen haben. Auch der Umgang mit Kollegen hat sich seit Olweus verändert. Ich finde, das Programm ist eine tolle Sache. Und habe das Gefühl, dass es uns zu besseren Lehrern macht.

 

An wen kann ich mich wenden, wenn ich Interesse am Olweus-Programm habe?

Aktuell können leider keine Schulungen zum Olweus-Coach angeboten werden, da durch das Versterben von Prof. Dan Olweus im September 2020 die Rechtslage der Dissemination des Programms im deutschsprachigen Raum neu geklärt werden muss.

 

Wenn Sie allgemeine Fragen zum Programm oder zu Teilnahme-Möglichkeiten als Schule haben, wenden Sie sich bitte an:

Dr. Vanessa Jantzer (Dipl.-Psych.)
06221 56-39954
olweus.programm@med.uni-heidelberg.de

Gerne schicken wir Ihnen auch unsere Informationsmappe mit detaillierteren Informationen zum Programm zu.

Kommunale Kriminalprävention
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